Selfsat IP36: Erfahrungen mit Firmware-Reparatur und Netzwerk-Anbindung

Nachdem mir eine Selfsat IP36 Flachantenne "abgeraucht" war, durch mehrfache Strom-Resets in kurzer Reihenfolge, möchte ich hier ein paar Erfahrungen berichten.


Die Selfsat IP36 wurde im Jahr 2015 veröffentlicht und ich habe sie im Jahr 2016 eingebaut.
Sie hat neben 2 Legacy-Anschlüssen auch einen Netzwerk-Anschluss für 8 TV-Streams.
Als SAT>IP-Clients kommen hauptsächlich Panasonic-Viera-TVs mit MyHomeScreen zum Einsatz (TV>IP).
Ende 2024 startete die Antenne den IP-Server nicht mehr, wie schon im Eingangssatz erwähnt.


Reparatur der Start-Partition:

In der Antenne ist ein Mini-Computer eingebaut, welcher mit einem BusyBox-Linux läuft.
Die Start-Partition "tb100-env " ist im weitesten Sinne vergleichbar mit dem "Windows-Boot-Manager".
D.h. sie ist sozusagen ein Vermittler zwischen Boot-Partition und System-Partition.

Folgend die Partitionsaufteilung lt. Kernel-Meldungen:
Creating 6 MTD partitions on "spi0.0":
0x000000000000-0x000000010000 : "tb100-env" (Start-Partition)
0x000000010000-0x000000040000 : "u-boot0" (Rettungs-Partition)
0x000000040000-0x000000080000 : "u-boot1" (Leere Partition)
0x000000080000-0x000000c80000 : "uImage0" (Leere Partition)
0x000000c80000-0x000001880000 : "uImage1" (System-Partition)
0x000001880000-0x000002000000 : "userdata" (User-Partition)

In anderer Lese-Art ergibt das:
mtdparts=spi0.0:0x10000@0x0(tb100-env),0x30000@0x10000(u-boot0),0x40000@0x40000(u-boot1),0xc00000@0x80000(uImage0),0xc00000@0xc80000(uImage1),0x780000@0x1880000(userdata)

Das wirkt etwas kryptisch, aber wird später zur Orientierung sehr wichtig sein.

Dank
dieser Info von Carsten Groß wusste ich schon, dass es eine Wartungsschnittstelle gibt in Form eines seriellen Anschlusses und mit 3,3V Level Power.
Eine kurze Recherche nach "U-Boot" und "Seriell 3,3V Level" brachte mich dann schnell zu Infos über ein gebricktes Synology-NAS.

Zu dem Zeitpunkt dachte ich, dass die Firmware-Rettung relativ einfach per TFTP-Kommandos gehen würde.
Leider besitzt die Flachantenne aber ein nur sehr abgespecktes "U-Boot" und eine RAM-Begrenzung von 519 KB.

Ich kaufte mir also bei Amazon einen Adapter von USB auf Seriell in der Annahme, dass es normale PINs wie bei einem Synology-NAS sind.
Ich entschied mir für eine etwas bessere Version von "Waveshare" mit einem FT232RNL-Chip, weil sie gleich 6 PINs hatte.
Hier
Erst später wusste ich, dass es auch ein 3-PIN-Adapter getan hätte mit Ground (GND), Reiceive (RXD), Transceive (TXD).

Dank
dieses Berichtes von Andreas Schiller konnte ich erst entscheidende Wissenslücken schliessen.
Andreas war so nett und hat mir mitgeteilt, dass sein Foto des JST-Adapters ein selbst gelöteter Eigenbau ist.
Bei AliExpress habe ich einen Adapter von JST 1,25 mm Raster-Abstand auf Dupont-Male 2,54 mm mit 4-PINs gefunden.
Hier



Das rote Kabel am JST-Adapter wird nicht benötigt, weil die Antenne über PoE mit Strom versorgt wird.
Das schwarze Kabel am JST-Adapter geht auf das schwarze Kabel am USB-Adapter für die Erde (Ground).
Das grüne Kabel am JST-Adapter geht auf das blaue Kabel am USB-Adapter zum Empfangen.
Das gelbe Kabel am JST-Adapter geht auf das grüne Kabel am USB-Adapter zum Senden



Zuerst hebe ich den Deckel auf der Rückseite ab und sehe so die silberne Schutz-Box mit dem Mini-Computer.



Die Torx-Schrauben der silbernen Schutz-Box sind unter einer weißen gipsartigen Farbschicht verborgen, welche man entfernen kann mit einem Spatel.
Ich habe die Schutz-Box von der Flachantenne abmontiert, damit ich die Farbreste nicht im Gehäuse der Flachantenne verteile.



Den Deckel kann man dann einfach abheben und sieht dort bereits rechts einen weißen JST-Anschluss mit der Bezeichnung J14.



Hier der weiße JST-Anschluss mit 4 PINs und 1,25 mm Raster-Abstand aus der Nähe.



Jetzt verbinde ich den JST-Stecker mit der Antenne und den USB-Stecker mit meinem Windows-Rechner, aber stecke noch keinen Strom an.
Da ich zwar ein Putty.exe Freund bin, aber Daten mit Y-MODEM transferieren muss, installiere ich mir alternativ das Programm
Tera-Term.

Die Standard-Serial-Port-Konfiguration sollte bereits zur Antenne passen.
Menü: Setup --> Terminal --> Serial port --> COM?: USB Serial Port



Wir verbinden uns daher gleich direkt über den Start-Assistenten. Wichtig ist es den Schiebe-Regler am USB-Adapter auf "3V3" einzustellen.
Der USB-Adapter muss vor Programm-Start bereits stecken, damit er ausgewählt werden kann. Er ist zu erkennen als "COM?: USB Serial Port".



Wir bekommen dann ein schwarzes Fenster und müssen den Strom an die Antenne anstecken.
Die Selfsat-Antenne kommuniziert jetzt mit uns in englisch und startet von der U-Boot Partition.



tb100-setup: Warning: invalid flash TAG
tb100-setup: update board flash configuration with default settings
tb100-setup: flash update aborted, need manual recovery (0xc01005d0)


Die Fehler-Meldungen kannte ich bereits von Andreas, aber ich hatte ja kein Firmware-Update gemacht.
Offensichtlich war aber die Partition "tb100-env" kaputt, was sich später auch bestätigte beim Auslesen der Flash-Daten mit "sf read".
Vermutlich war es sehr ungünstig noch während des Boot-Vorganges der Antenne den Strom gezogen zu haben... klar!

Nach mehrmaligen Durchlesens des Blog-Artikels von Andreas, entschied ich erstmal nur die Partition "tb100-env" zu überschreiben.
Andreas war so nett und hat mir seine "tb100-env" aus einer Selfsat IP22 zur Verfügung gestellt, welche ich unten verlinkt habe.

Jetzt legen wir direkt los (Die Speicherangaben errechnen sich aus den kryptischen Angaben vom Anfang)

Die Durchführung ist nicht ohne Risiko... weiter unten ein Screenshot des kompletten Befehlsablaufes.

sf probe
sf erase 0x0 0x10000
loady

--> Der Befehl "sf erase" löscht den Speicherbereich, damit dieser später wieder beschrieben werden kann.
--> Der Befehl "loady" schaltet den Empfangs-Modus über Y-MODEM ein.
--> Hier wähle ich die Datei "tb100-env.
bin" aus, welche danach hochgeladen wird in den temporären Arbeitsspeicher der Antenne.



sf write 0xc0120000 0x0 0x10000
reset

--> Der Befehl "sf write" schreibt die Daten, aus dem temporären RAM von Adresse 0xc0120000, in den Flash-Speicher.
--> Mit dem Befehl "reset" löse ich einen harten Neustart aus.... und die Antenne startet in meinem Fall erfreulicherweise durch.

So sieht es im Erfolgsfall aus:


Zum Testen das Netzwerkkabel anstecken und schauen ob sich die Web-Oberfläche aufrufen lässt. -->
http://IP-SELFSAT:8000 --> User/Pass = admin/admin




Downloads:

Upgrade und Downgrade der Firmware ist problemlos über die WebGUI möglich innerhalb der 3er-Version.

Das mit der device_description.xml ist bei älteren Panasonic Viera Geräten mit MyHomeScreen OS ein Thema.
Die ersten Versionen von Firmware 3 werden nicht mehr als SAT>IP-Server erkannt vom Panasonic Viera TV, aber mit Firmware 2 ging das noch.
Ein Hinweis meinerseits an den Hersteller im Jahr 2017, führte zur Korrektur in Version 3.1.17 mit freier Anpassung in der WebGUI.
Man konnte als Workaround über die SSH-Konsole die device_description.xml dauerhaft abändern, aber das geht seit 3.1.17 nicht mehr.
Die Möglichkeit eine personalisierte device_description.xml per WebGUI hochzuladen wurde wieder entfernt in der 3.1.18 Firmware.
Mit der Firmware 3.1.18 funktioniert der Panasonic-TV über SAT>IP (TV>IP), aber die XML-Datei sieht etwas unschön aus.

Das Firmware-Upgrade von Version 2 auf Version 3 ist ein Meilenstein. Das erkennt man auch deutlich an der aufgebohrten WebGUI.
Die Firmware ändert sich von "iwedia TB100 server (IWEDIA)" auf "GSS4P SAT>IP server (IDOIT CO. LTD.)" lt. device_description.xml.



Netzwerkverbindung ohne Bohren?

Da die Antenne im Haushalt meiner Eltern verbaut ist und Löcher bohren im Eigenheim nicht auf Begeisterung stieß, wollte ich das möglichst vermeiden.
Hier ein paar Erfahrungen zu alternativen Verbindungsmethoden.

Am Anfang war meine bevorzugte Methode PowerLine, aber das war nie eine optimale Lösung.
An der Außensteckdose ist ein wetterfestes Gehäuse montiert, welches zudem geschützt steht.

Es erfolgte dann ein Test durchs Balkon-Fenster mit einem hochwertigen CAT8-Flachkabel, aber auch hier gab es manchmal Aussetzer (Half-Duplex)
CAT8 hat eine größere bzw. dickere Schirmung in Flachkabel-Bauweise gegenüber CAT6-Flachkabeln. Die Antenne hat CAT5e-Spezifikation (1 Gbit).

Im Laufe der Zeit änderten sich die Rahmenbedingungen beim WLAN. Inzwischen stand ein Fritz Repeater 3000AX in der Nähe des Balkons.
Zudem war ein Fritz Repeater 1200 übrig, weil er durch einen 1200AX ersetzt wurde wg. Wi-Fi 6 Funktionalität (WLAN AX).
Diesen Repeater 1200 verband ich mit dem 3000AX über 2,4 GHz. Man bedenke den Flaschenhals von 400 Mbit brutto des Repeater 1200 für das 2,4 GHz Modul.

In meinem Fall funktioniert die Verbindung ziemlich gut und stabil. Mit 5 GHz gab es hingegen Probleme und ich habe das Modul gleich ganz deaktiviert auf dem Repeater 1200.
Allerdings werden nur maximal 3 TV-Streams gleichzeitig benötigt. Mit dem Nachfolge-Modell 1200AX könnte ich den Wert auf 600 Mbit anheben, weil der 3000AX den auch kann.
Zumal Wi-Fi 6 auf jeden Fall zu bevorzugen ist, weil bessere Koexistenz mit anderen WLANs und der Verlust auf den Netto-Wert ist auch geringen als bei Wi-Fi 5 (WLAN AC).

Zieht lieber ein LAN-Kabel, wenn ihr könnt.



Netzwerkverbindung in anderen Haushalt?

Nicht in jeder Mietwohnung kann man eine SAT-Schüssel installieren. Aus dem Grund beschäftigte ich mich mit der externen Empfangsmöglichkeit vom Standort der SAT-Antenne.
Beide Netzwerke haben einen Internet-Anschluss mit 50 Mbit-Upload und sind per WireGuard verbunden. Die WireGuard-Verbindung ist ungeeignet, weil der TV-Stream vor Artefakten strotzt.
Leider kann das Betriebssystem der Antenne kein IPv6 und somit muss in der FritzBox eine IPv4-Portweiterleitung eingerichtet werden auf intern/extern TCP Port 554.
Der Internet-Anschluss muss natives IPv4 können, d.h. kein CGNAT. Es muss auch extern der Port 554 sein, weil die Antenne sonst nur die "PID 0" zurück gibt.
Der Upload der Internetleitung muss mindestens 25 Mbit können oder besser 50 Mbit, damit man auf der sicheren Seite ist.

Am externen Standort des SAT>IP-Client benötigen wir einen Vermittler, weil der Panasonic-TV nur SAT>IP-Server per UPnP-Discovery im LAN akzeptiert.
Ich installiere also auf meinem Raspberry-Pi 4 mit 4 GB RAM das Programm
minisatip und binde die externe Selfsat-Antenne ein. --> http://IP-MINISAT:8080

./minisatip -N -s test.dnshome.de -s test.dnshome.de

--> Der Befehl startet einen SAT>IP-Server und nutzt als Tuner-Quelle 2 Streams der externen Selfsat-Antenne per DynDNS-Anbindung.



Die Vermittlungsstelle ist nur nötig, wenn man die Server-Adresse nicht händisch eingeben kann im SAT>IP-Client.

In der Praxis zeigte sich bei mir, dass die 50 Mbit-Upload für 2 HD-Streams gleichzeit nicht ganz reichten und es immer mal ruckelte.
Zudem zeigte sich ein
Sicherheitsproblem beim Prüfen der Funkkanal-Auslastung auf dem Repeater 1200 und im Protokoll der Selfsat-Antenne.
Der TV-Stream wurde von Dritten angezapft, weil Port 554 für RTSP der Standard ist und die Astra-Frequenzen allgemein bekannt sind.

Also deaktivierte ich die NAT-Portweiterleitung wieder und installierte auf einem Raspberry-Pi 3b, im Heimnetz der Selfsat, das Programm
pivpn.
Ich konfigurierte damit einen OpenVPN-Server mit TCP-Protokoll, weil das von RTSP benutzt wird. Dann auf der FritzBox eine Portweiterleitung zum Raspberry-Pi 3b.
Großer Vorteil ist jetzt, dass man nicht mehr von CGNAT-Restriktionen abhängig ist, weil der Raspberry-Pi auch IPv6 kann, welches eine eindeutige Adresse hat.
Jetzt generierte ich mir ein VPN-Profil auf dem Raspberry-Pi 3b und importierte es mir auf dem Raspberry-Pi 4, um dann eine OpenVPN-Verbindung aufzubauen.

./minisatip -N -s SelfsatIP -s SelfsatIP

Wichtig ist, dass man auf IP-MASQUERADE verzichtet. D.h. es muss die VPN-Client-IP des Raspberry-Pi 4 anklopfen an der Selfsat, weil sonst "Kein Sender gefunden" erscheint auf dem TV.

Bevor man sich den Aufwand mit OpenVPN macht, sollte man erstmal die Performance per Internet-Portweiterleitung über die Internet-IP testen, weil die Variante relativ einfach geht.


Variante 2: TVheadend

Der Wunsch der Nutzung des mobilen TV schauens auf dem Tablet oder Smartphone wird zwangsläufig irgendwann kommen.
Für meinen Geschmack sind die mir bekannten SAT>IP-Apps aber nicht wirklich gut umgesetzt. Entweder ist die Bedienung grausam oder es ruckelt bei HD-Kanälen.
Dafür sind die Apps mit Kopplung an einen
TVheadend-Server sehr gut. Ich selbst nutze dafür dream Player for TVheadend für Android. Für den TV gibt es auch Varianten.

Ich installierte also auf dem Raspberry-Pi 3b, im Heimnetz der Selfsat, das Programm TVheadend und verband die letzten 4 Tuner der Selfsat damit (UPnP-Discovery).



Der große Vorteil ist, dass man hier eine User-Authentifzierung hat, d.h. ich kann wieder eine Portweiterleitung auf der FritzBox einrichten und bin unabhängig von VPN und seinem Overhead.
Zudem scheint TVheadend den Stream etwas zu optimieren und in der Smartphone-App kann man eine Netzwerk-Pufferung frei konfigurieren als Cache. D.h. es läuft recht flüssig.

Der USB-2.0 Anschluss des Raspberry-Pi 3b ist ein Flaschenhals bei HD-Aufnahmen. Aus dem Grund ist das Betriebssystem auf einer 256 GB SD-Card von Samsung installiert (MB-MD256SA/EU).
Damit man die TV-Aufnahmen des TVheadend ohne extra Software auf dem Fernseher anschauen kann, installierte ich noch MiniDLNA-Server (ReadyMedia) auf dem Raspberry-Pi 3b.

Nehmt besser einen Raspberry-Pi 4 mit 4 GB RAM, weil der USB 3.0 hat und der Netzwerk-Anschluss nicht mehr über den USB-Controller angebunden ist.



Erstellt am 27. Juli 2025


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